Das Leben ist schön

Gardasee 2010

25.08.2010

Der zweite Tag unseres Urlaubs ist fast vorbei und endlich finde ich die Ruhe und Gelassenheit, einige Erinnerungen zu notieren.

Nach dem stressigen Montag, an dem geputzt und gepackt wurde – packen für einen Campingurlaub ist immer eine aufregende Sache – ging es am Dienstag morgen um halb 6 nach einer schlaflosen Nacht auf in Richtung Süden. Unser Ziel war der Ledrosee in Norditalien, an dessen Ufern drei Campingplätze zum Verweilen einluden – zumindest machte die Ansicht der Fotos im Internet Lust darauf. Unser zuvor geplanter Urlaub, Wasserwandern in Mecklenburg, fiel aufgrund des Regens ja buchstäblich ins Wasser. Aber im Süden sollte das Wetter besser sein.

Die Fahrt über Stuttgart, Ulm, Füssen verlief relativ unspektakulär. Einzig auf dem Brenner sind wir den Berg fast wieder hinunter geschwommen. Ein dichtes Wolkenfeld hatte sich im Tal über der Autobahn festgesetzt und regnete sich aus. Der Regen war zeitweilig so stark, dass uns ganze Sturzbäche entgegenkamen.

Nach ca. 7 Stunden Fahrt, in der wir nur eine kurze Pause zum Tanken genommen hatten, lag der Ledrosee vor uns. Der See liegt ca. 10km nordwestlich vom Gardasee, ist bedeutend kleiner als dieser und wunderschön in die Landschaft zwischen die Ausläufer der Dolomiten gebettet. Der zuvor ausgesuchte Campingplatz war auch schnell gefunden, war aber eine herbe Enttäuschung. Von malerisch zwischen Bäumen aufgestellte Zelte war nichts zu sehen. Ein großer Platz ohne jegliche Vegetation, Zelt an Zelt und die Bewohner versuchten sich gegenseitig zu übertönen. Das Bier floss in Strömen, der Zugang zum See war nur über eine winzige Stelle erreichbar, weit und breit kein Strand in Sicht. Der direkt daneben angesiedelte Zeltplatz bot einen ähnlichen Anblick. Hier wollten wir auf keinen Fall bleiben. Also steuerten wir den dritten Platz am Ledrosee an und was war? Ebenfalls völlig überfüllt. Nun, wir hatten noch Zeit, also beschlossen wir, das Hotel aufzusuchen, in dem wir die beiden letzten Jahre geschlafen hatten. Dieses Hotel liegt an der Südwestküste des Gardasees mit direktem Zugang zum See. Übers Internet und Telefon war das Hotel nicht vorher buchbar, als wir davor standen, wussten wir, weshalb. Geschlossen. Also hieß unsere Aufgabe für die nächsten Stunden, eine annehmbare Unterkunft zu bezahlbaren Preisen zu finden – kein leichter Task für den Gardasee. Zwei weitere Hotels schauten wir uns an, die aber weder das eine noch das andere boten.

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Doch drei Orte weiter dann der Hinweis auf einen weiteren Campingplatz. Nach der Besichtigung des Platzes beschlossen wir – hier bleiben wir. Der Platz ist relativ weitläufig und terrassenförmig angelegt und bietet über eine kleine Treppe Zugang zu einem klitzekleinen Strand. Genug für uns. Also haben wir eine Fläche ausgewählt, direkt gebucht und begannen mit dem Abenteuer Zeltaufbau.

Nachdem wir schon einige windige Wochen in Portugal mit unserem alten Zelt verbracht hatten, war dieses langsam aber sicher in die Jahre gekommen, die Nähte hielten den Belastungen schon kaum noch stand und darum hatten wir im Vorfeld ein neues Zelt gekauft. Ein Kollege von Markus riet uns zu einem Wurfzelt. Ein Zelt mit Selbstaufbau. Hört sich nicht schlecht an. Allerdings hatten wir aus Angst, das Zelt, dessen Streben unter Spannung stehend verpackt sind, nicht mehr zusammenlegen zu können, den Aufbau vorher nicht ausprobiert. Die Anleitung in derVerpackung war relativ kurz und wir zunächst zuversichtlich. Nachdem wir den Boden des Zeltes ausgelegt und vertäut hatten, kam der große Moment. Zelt in die Luft werfen und es steht. Es steht? Tatsächlich, es steht. Noch ein paar Klettverschlüsse lösen, ein paar Reissverschlüsse zuziehen und dann musste Markus nur noch die Heringe im Boden versenken, während ich die Luftbetten aufgepumpt habe. Das wars. Dass wir das Zelt wieder zusammengelegt bekommen, glauben wir nach wie vor nicht – das sind Einwegzelte.

Heringe bei 30° in die Erde schlagen und Luftbetten per Hand bzw. Fuß aufpumpen ist schweißtreibende Arbeit, die wir uns mit einem kurzen Bad im See belohnt haben. Endlich angekommen! Da unser Wasservorrat schon zur Neige ging, wollten wir noch kurz einkaufen gehen. Dummerweise fuhren wir erst einmal in die falsche Richtung und ein Unfall auf dieser Strecke hielt uns dann fast eine Stunde auf. Aber letztendlich fanden wir unseren Supermarkt, beluden den Wagen mit Wasser und etwas Obst und fuhren zum Abendessen nach Saló, eine touristisch angelegte Stadt noch ein Stück südlicher. Nach langer Parkplatzsuche endlich ein Plätzchen im Halteverbot gefunden und die nächste Pizzeria gestürmt. Lecker warʻs. Die Italiener können sicher viele Dinge, Pizzabacken gehört ganz eindeutig dazu. Auch das Eis zum Nachtisch durfte nicht fehlen.

Als wir wieder am Platz angekommen waren, wollten wir uns nur noch kurz um unseren Stromzugang kümmern. Ein guter Kaffee am Morgen gehört zu den schönsten Sachen beim Campen. Leider funktionierte unser Stromzugang bis zu diesem Moment noch nicht, eine Sicherung im Kasten war defekt. Uns begann zu dämmern, dass wir diesen Defekt verursacht hatten. Eine 4-Ampere-Sicherung ist mit einem Elektrokocher mit zwei Platten leider sehr schnell kleinzukriegen. Schock! Kein Kaffee am Morgen. Frustriert gingen wir zu Bett, wenigstens funktionierte nach dem Wechsel der Sicherung unsere Lampe.

Am heutigen Morgen begannen wir den Tag mit einem guten Frühstück (Müsli, für mich zusätzlich Obst) – und ohne Kaffee. Aber wir hatten den Vorsatz, uns einen kleinen Campingkocher zu kaufen, um, wenn schon nicht richtig kochen dann wenigstens unseren Morgenkaffee zubereiten zu können. Also begann unser Urlaub so wie sämtliche Campingurlaube zuvor. Wir mit einer langen Liste all der Sachen, die wir vergessen oder nicht geplant hatten im Supermarkt. Wieder am Zelt angekommen gabʻs dann den heiß ersehnten Kaffee.

Unser Ziel für heute war dann der Ledrosee, der förmlich zum Baden einlädt.

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Dort angekommen (der Verkehr ist einfach mörderisch, Bayern hat anscheinend noch Ferien), haben wir den ganzen Mittag am und im See verbracht. Schwimmen, lesen oder einfach die Leute beobachten und die Enten füttern – das macht Spaß. Zumindest für ein paar Stunden. Ganz so faul wollten wir den Tag dann auch nicht ausklingen lassen, darum haben wir einfach mal angefangen, ein paar Caches zu suchen. Der erste war schnell gefunden, für den zweiten mussten wir aber an die 600 Meter laufen. Kein Problem. Zumindest das Laufen. Denn das Navigieren stellte sich dann doch als Problem heraus, denn ein dicht belaubter Wald ließ den Zeiger auf dem GPS-Gerät wild umherspringen. Die Investition in ein Spoilerbild brachte uns dann aber der Sache näher. Auch wenn es im Winter bei schneebedeckten Boden aufgenommen wurde, konnten wir die beiden gezeigten Bäume relativ schnell identifizieren und Markus war erfolgreich beim Heben des Caches. Die Umgebung beim Cache war so schön, dass ich noch rasch ein Foto vom Wasserfall geschossen habe.

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Ein ganz anderes Problem zeigte sich beim dritten Cache in Pre‘. Der war zwar schnell gefunden, konnte aber nicht so schnell gehoben werden, denn drei Kinder hatten sich just diese Stelle zum Spielen ausgesucht. Also warteten wir. Und warteten. Und würden immer noch warten, wenn …. irgendwann war es uns egal, in einem kurzen unbeobachteten Moment griff Markus zu. Schnell geloggt und? Gewartet… und gewartet. Irgendwann wurden wir die Dose dann aber auch wieder los und fuhren langsam zurück durch unendlich viele Tunnel zu unserem Zeltplatz. Aufgabe für morgen: Tunnel zählen. Quasi der ganze Weg hoch bis Riva im Norden am Gardasee besteht aus Tunneln. Faszinierend. Nach einem kurzen Abkühlungsbad im Gardasee gerade eben lassen wir den Tag jetzt gemütlich ausklingen. Gleich gehtʻs zum Essen und dann werden wir ein Fläschchen Wein öffnen und genießen.

27.08.2010

Zwei weitere Tage sind inzwischen vergangen. Das Wetter am Gardasee ist immer noch traumhaft. Jeden Tag 30° und Sonnenschein – so lässt es sich leben. Gestern war der Tag des Wasserfalls! So nenn ich ihn jetzt mal, denn zwei davon haben wir besucht. Bei Limone wollten wir einen kleinen Cache heben. Überschrieben war er mit dem Schlagwort „a short way“. Das wäre auch völlig richtig gewesen, hätten wir den richtigen Parkplatz erwischt. Haben wir aber nicht und darum hatten wir auf dem Weg den Bach entlang nach oben alles dabei von kleinen engen Pfaden ganz nah am Wasser vorbei über Bachüberquerungen, Abstürzen in Ameisenhügel hinein (die Biester können ganz schön schmerzhaft beißen) und steilen Anstiegen, an deren Ende eine breite asphaltierte Straße war, die wir bequem mit dem Auto hätten fahren können – hätten wir den Weg gefunden. Cachen ohne Karten ist ein beschwerliches Ding, besonders im Gebirge, wenn serpentinenartig angelegte Straßen einen in die Irre führen. Nach einem letzten Anstieg war es aber geschafft, der Cache war schnell gehoben und dann haben wir uns für den schweißtreibenden Weg mit einem Bad im Wasserfall belohnt. Klitschnass gingʻs auf zum Ledrosee, wo wir das Baden direkt fortgesetzt haben. Der See ist perfekt zum Schwimmen, da er kaum Wellen hat. Die Wassertemperatur ist sehr angenehm, leider ist er um diese Jahreszeit an den wenigen vorhandenen Stränden relativ voll. Und darum blieben wir nicht allzu lange sondern machten uns auf den Weg zu einem weiteren Wasserfall, den wir schon vom letzten Jahr kannten. Damals hatten wir nicht den Mut hineinzugehen, denn schon nach den ersten Schritten im eisigen Wasser froren uns die Füße ein. Nur wenige Schwimmzüge hatte ich letztes Jahr gemacht, dann raubte die Eiseskälte mir den Atem und die Kraft, die Arme zu bewegen. Da wir dieses Jahr eine Woche früher hier waren als im letzten Jahr, hatten
wir die leise Hoffnung, es wäre dieses Mal etwas wärmer. War es auch! Statt 5° unglaubliche 7°. So ungefähr. Zwei Radfahrer waren mit uns am Fall, aber die trauten sich nur mit den Füßen kurz rein. Das war uns Ansporn. Rasch die Klamotten aus und rein ins kalte Nass. Puuuh. Die ersten zwei Meter schafften wir, dann gings schnell zurück ans Ufer. Aber man konnte sich dran gewöhnen und nach ein paar Minuten in der Sonne ging es wieder zurück ins Wasser. Das Plantschen in diesem kleinen See, wo das Wasser so klar war, dass man auch in mehrere Meter Tiefe bis an den Grund schauen konnte, war einfach herrlich. Mann konnte bis zum Wasserfall schwimmen, drunter habe ich mich aufgrund der Wassermassen, die sich ca. 20 Meter in die Tiefe stürzten nicht getraut.

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Auf dem Rückweg wollten wir noch einen weiteren Cache heben, aber ich wie ich schon erwähnte, ohne Karten ist es schwierig. So fuhren wir ca. 1 Stunde ergebnislos im Gebirge herum und entfernten uns dabei leider immer weiter von den angegebenen Koordinaten. Den späten Nachmittag verbrachten wir mit einem frisch gekochten Kaffee vor dem Zelt, sprangen noch mal zur Abkühlung in den Gardasee, der ja direkt vor unserer Haustür ist und gingen dann Wein und Obst kaufen und anschließend Pizza essen. Die war wie immer sehr sehr gut und das Eis hinterher auch. Am Ende saßen wir im Dunkeln, tranken eine warme Flasche Weißwein, ärgerten uns über die schrecklich lauten Italiener direkt über uns und fielen anschließend leicht angetrunken ins Bett.

Der heutige Morgen begann mit einer eher unangenehmen Überraschung. Mein Luftbett hat ein Loch, die Luft strömt ungehindert raus. So ein Mist! Wie es aussieht, hab ich anscheinend mit meinen Fingernägeln die Matratze getötet. Und jetzt hier eine neue finden. Aber es musste ja sein. Außerdem brauchten wir einen Hut für Markus, der sich den Kopf verbrannt hat. Seine frisch auf 3mm gestutzten Haare mögen einen großen Zeitvorteil morgens bedeuten, aber es hat eben alles auch seine Nachteile. Yin und Yang!

Von all diesen Widrigkeiten ließen wir uns aber nicht den Start in den Tag verderben. Der begann wie jeden Morgen mit einem erfrischenden Bad im Gardasee, der zu dieser Zeit immer noch sehr ruhig ist. Ein paar kleine Fische, die die Wärme im flachen Wasser genießen, ein paar Enten, die ihre Bahnen ziehen, keine Boote, keine Menschen, keine Wellen. Dann gab es Frühstück, bestehend aus Müsli und Obst, wie jeden Morgen im Urlaub. Nach dem Abwasch ging es mit dem Einkauf los. Eine Matratze haben wir nicht bekommen, aber eine Art Feldbett erstanden. Das sollte es tun und ist auf jeden Fall nicht so anfällig für spitze Fingernägel. Hoffentlich halten mich die kleinen Federchen aus.

Einen Hut für Markus haben wir dort leider nicht gefunden, darum ging’s weiter nach Saló. Eine typische Touristenstadt sollte kleine Andenkenläden haben, in denen es ja auch immer auch Hüte gibt. Außerdem gab uns das die Gelegenheit, noch einen kleinen Cache in der Stadt zu heben. Wenn da nicht immer diese latente Blasenschwäche entgegenspielen würde. Aber die Pizzeria Papillon in Saló hat nicht nur hervorragende Pizzen (Pizza Luca mit Sahne und rohem Schinken ist sehr empfehlenswert) sondern auch sehr nette Angestellte, die mich ohne weiteres auf ihre Toilette gelassen haben, die im Übrigen sehr sauber und angenehm eingerichtet war. Dann ging’s durch die engen Gassen, den Cache haben wir schnell gehoben, das Parkticket war abgelaufen, also weiter in Richtung Norden, nach Gardone, wo ein weiterer Cache liegen sollte. Über den haben wir uns aber echt geärgert. Der angegebene Parkplatz war mit 5 Euro über die Verhältnisse teuer. Und völlig unnötig. Denn auf dem Weg (a little above the complex – dass ich nicht lache!), der uns zwei Kilometer steil nach oben führte (was bei 15° sicher nicht so schlimm gewesen wäre, aber wir hatten nun mal das Doppelte), fanden sich mindestens noch 3 weitere Möglichkeiten zu parken – eine quasi direkt vor dem Cache, zu dem eine breite asphaltierte Straße führte. Wir hatten den staubigen Schotterweg genommen. Und das alles für ein Gurkenglas mit Logbuch. Pah. Ehe wir uns, verschwitzt wie wir waren, noch mehr ärgern konnten, machten wir uns auf den Rückweg und fuhren wie geplant weiter zum Ledrosee. Der gewährte uns die gewünschte Abkühlung.

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Nachdem wir mit unseren Errungenschaften wieder am Zelt ankamen, nahmen wir noch rasch ein Bad im Gardasee (jetzt schon wieder sehr wellig) und machen uns jetzt gleich auf den Weg in die Pizzeria. Welche wir heute wählen, wissen wir noch nicht. Hier kann man an 10 Tagen jeden Tag in eine andere gehen, ohne weit zu fahren.

Ach ja, Tunnel haben wir auch noch gezählt *lach*

D’Agli – 929m
Eutenia – 66m
Dei Ciclopi – 655m
Rainelli – 1374m
Vesta – 80m
Di Giunone – 103m
Di Afrodite – 20m
Punta Forbisicle Campione – 3186m (der mit dem längsten Namen ist auch der längste)
Tremosine – 1883m
Efialti – 1163m
Esperidi – 50m
Grazie – 68m
Bergimo – 203m
di Egeria – 15m
di Ebe – 15m
Muse – 139m
dei Nani – 38m
dei Fauni – 98m
dei Satiri – 48m
dei Coribanti – 27m
Sirene – 65m
Driadi – 35m
Naiadi – 367m
Limniadi – 52m
delle Furie – 31m
Nur ein Dach ohne Namen – 70m
Eolo – 20m
dei titani – 960m
Aurora – 51m
Tritone – 20m
Gorgoni – 135m
Orione – 933m
Monte sperone – 1041m

Wer jetzt aufmerksam mitgezählt hat, weiß nun, dass zwischen Saló und Riva del Garda 33 Tunnel liegen (einer davon ist eigentlich nur ein Dach), die insgesamt eine Länge von 13,94km haben. Man hat ja sonst nichts zu tun…

28.08.2010

Gestern Abend, auf dem Weg vom Abendessen in Saló nach Hause haben wir darüber sinniert, dass es merkwürdige Leute gibt. Das fängt schon bei den halsbrecherisch fahrenden Motorradfahrern hier am Gardasee an. In engen Tunneln, ohne Sicht nach vorn überholen die bei jeder möglichen und unmöglichen Gelegenheit. Dann sind da die Radfahrer. Davon gibt’s hier viele. Leider keine Radwege. Also teilen sie sich die engen Straßen mit den Autofahrern. Auch die Tunnel. Dumm nur, dass die wenigsten Rennräder mit Licht ausgestattet sind. Gestern Abend fuhr eine Familie neben uns auf einem der wenigen kombinierten Rad- und Fußwege. Nicht die ganze Familie! Der kleine ca. vierjährige Sohn durfte völlig ungesichert auf der Straße radeln und schwankte mangels Fähigkeiten hilflos hin und her. Insgesamt habe ich die wenigsten Italiener freundlich erlebt. Die Kellner sind froh, wenn sie uns wieder los sind und gestern auf der Treppe nach unten zum Strand, ich hatte nur noch wenige Meter zu gehen, kommt mir ein Mann mit einer Luftmatratze auf dem Kopf entgegen, statt die zwei Sekunden zu warten bis ich unten bin, um dann Platz für sich zu haben. Stattdessen hat er mich mit dem Ding fast an der Seite runtergeworfen. Den Vogel abgeschossen hat aber einer, der auf seinem Tretroller durch einen fast zwei Kilometer langen Tunnel gegondelt ist. Verrückt.

Der heutige Tag begann wie die meisten mit einem gemütlichen Frühstück. Dann ging’s zur Abwechslung mal an den Ledrosee – nein, es ist uns noch nicht langweilig. Heute haben wir aber mal den Weg links am See vorbei genommen. Denn ich hatte die glorreiche Idee, mal ein Kanu zu mieten und über den See zu schippern. Warum auch nicht. Den allerersten Kanuverleih haben wir dann aber doch auf der rechten Seite gefunden, da wo auch die schrecklichen Campingplätze sind. Bewaffnet mit Handtüchern, etwas Geld, Badezeugs und dem Autoschlüssel gingen wir zum Verleih. Neun Euro die Stunde. Wir haben noch geschwankt zwischen zwei und drei Stunden, aber das wollten die gar nicht vorher von uns wissen, sie haben auf einer Tafel einfach die Abfahrtzeit unseres Bootes notiert. Jetzt ging’s an den Einstieg. Der Anblick des kleinen leichten Plastikschälchens hat mein Herz in die Hose rutschen lassen, aber kneifen wollte ich dann doch nicht. Nach vielleicht drei wackligen Versuchen hatte ich dann Glück und saß im Kanu. Da sah ich mich schon das erste Mal umkippen. Das zweite Mal, als Markus einstieg. Und unendliche weitere Male, als wir auf dem Wasser unterwegs waren und bei jeder Welle – und davon gab es heute mehr als jemals sonst – die unseren Weg kreuzte. Als Markus sich dann noch den Spaß machte, absichtlich zu wackeln, war ich bereit zu töten. Die Mordwaffe – das Paddel – hielt ich schon in der Hand, aber meine Unfähigkeit, in der schwankenden Reisschale aufzustehen und mich umzudrehen, bewahrte ihn vor dem Schlag mit dem Paddel und mich vor etlichen Jahren hinter Gittern. Obwohl… das hätte sicher mildernde Umstände gegeben. Da ich durch das Paddeln und die einstürzenden Wellen immer nasser wurde, hatten wir die Idee ein Ufer anzusteuern, damit ich mich umziehen konnte. Nun besteht das Ufer des Ledrosees ja leider nicht aus malerischen Sandstränden sondern aus steilen Steinfelsen, aber eine kleine Stelle haben wir gefunden, wo es einigermaßen ging. Da ich aber auf den wackligen Felsen noch viel unsicherer stand als sonst schon, waren meine Klamotten nach dem Umziehen nasser als zuvor. Also alles wieder ins Kanu geworfen, irgendwie reingestolpert und ab da galt meine Angst dem Autoschlüssel. Den hatte Markus in seiner Hosentasche, aber seine Hose war ja schon komplett durchnässt. Die Idee, den Schlüssel rauszulegen, fand ich aber auch nicht so toll, dann wär er nach Umkippen des Bootes ja garantiert weg gewesen. Kurzum, ich hatte panische Stunden da draußen. Außerdem hab ich mir beim Paddeln mehrmals den kleinen Finger zwischen Paddel und Boot eingeklemmt und meinen Nagel gesprengt. Ich darf gar nicht drüber nachdenken wie das geschmerzt hätte, würde ich keine Kunstnägel tragen, dann wär der Nagel blau gewesen. Wir haben mit dem Kanu ungefähr die Hälfte des Sees abgeklappert und fuhren am anderen Ufer entlang zurück zu Anlegestelle.
Überraschung! Wir waren weniger als eine Stunde unterwegs gewesen, mir kam es endlos vor. Trotz all der Widrigkeiten und Ängste hatte ich am Ende sogar richtig Spaß dabei, so dass ich mir vorstellen könnte, das noch mal zu wiederholen (das darf ich jetzt aber Markus nicht lesen lassen).

Nach dem Kanuausflug fuhren wir dann noch an „unseren“ Strand, wo ich heute viel geschwommen bin. Das war herrlich. Hier war das Wasser auf einmal überhaupt nicht mehr wellig, so dass man ganz ruhig treiben konnte. Nach einer halben Stunde in der Sonne überraschten uns dann auf einmal dicke Regentropfen, die uns heim trieben. Hier angekommen strahlender Sonnenschein, 31 Grad, also rein in den Gardasee und noch mal ne Runde geschwommen. Anschließend habe ich eine heiße Dusche genommen und mich ein bisschen hingelegt. Aber hinter uns fing es dann auch an zu grollen und der Wind wurde immer stärker. Überall hört man, wie hastig Heringe eingeklopft werden. Die ersten dicken Tropfen fallen und schon sitzen wir mit unseren Stühlen im Zelt, hören den Regen rauschen und lauschen dem Gewitter, das über uns hereinbricht. Währenddessen schreibe ich diese Zeilen. Aber so langsam lässt der Regen auch schon wieder nach. Aufgabe für nachher: für zwei Tage Obst und Wein kaufen, außerdem Sekundenkleber, um meinen wackligen Nagel zumindest provisorisch zu richten. Dann essen gehen und hoffen, dass das Zelt nicht weggeschwommen ist, wenn wir zurückkehren.

30.08.2010

Wieder daheim! So schnell kannʻs gehen. Unser letzter Tag am Ledrosee war geprägt von vielem Schwimmen und – leider – wenig Sonne. Schleichend über Nacht haben sich die Wolken breitgemacht, was die Temperaturen empfindlich sinken ließ. Am See hatten wir am Montag nur noch 21°. Und darum blieben wir auch gar nicht lange in der nicht vorhandenen Sonne liegen, sondern zogen uns um und machten uns auf den Weg zum Zelt zurück. Allerdings sind wir dieses mal einen anderen Weg gefahren, nämlich um den Ledrosee drum herum über Storo. Einfach nur, um mal ein bisschen Abwechslung zu haben. Der Weg führte uns auch am Idro-See vorbei. Ein langgestreckter Bergsee, der im Gegensatz zum Ledro- und Gardasee richtig düster aussieht. Die Farbe des Wassers ist dunkelgrün, was sich durch den trüben Himmel noch verstärkt hat. Unsere Cachesuche zwischendurch führte uns nur wieder in die Irre und als wir zwei Stunden später wieder am Zelt ankamen, nahm ich erst mal eine lange und heiße Dusche, um mich wieder aufzuwärmen. Ich bin einfach eine Frostbeule. Auch auf das abendliche Bad direkt vor dem Zelt habe ich verzichtet, weil ich immer noch fröstelte. Zum Abendessen gingʻs heute mal wieder nach Saló. Wir hatten uns eine Pizzeria ganz am Ende des Sees ausgesucht, in der wir auch im letzten Jahr schon gut gegessen hatten. Pizza Crudo (mit rohem Schinken belegt) war schon recht gut, aber insgesamt etwas zu trocken. Der Boden war hervorragend, die Tomatensoße auch aber es fehlte die Sahne.

Wo wir schon bei Pizza sind, möchte ich gern eine kleine Hitliste aufstellen. Was hat mir geschmeckt, was war eher eine Enttäuschung. An 6 Abenden haben wir 4 Pizzerias ausprobiert. Auf Platz 1 liegt unangefochten die Pizza Luca aus der Pizzeria Papillon in Saló. Hier stimmt einfach alles. Toller Boden, die Soße bestehend aus Tomaten, Sahne und Parmesan ist sehr saftig und geschmacklich ausgewogen, und der rohe Schinken obenauf ist einfach prima. Außerdem ist die Bedienung hier äußerst fix, die Pizza war in wenigen Minuten am Platz. Auf Platz 2 liegt die Pizza Rustica aus der Pizzeria Cantinone in Maderno (glaub ich jedenfalls, dass es dort war). Die ist belegt mit gekochtem Schinken (hauchfein geschnitten – hervorragend), Blattspinat und Ricotta. Den dritten Platz teilen sich aus eben dieser Pizzeria die Diavola (mit scharfer Salami) und die oben schon erwähnte Crudo aus Saló. Nicht ganz so gut war im Papillon die Trevigiana, belegt mit roher Wurst (die war nicht wirklich lecker), Scamorzakäse und Radicchio. Und ganz abgeschlagen ist insgesamt die Pizzeria, die 100m links von der Cantinone liegt. Nö, mochten wir beide nicht. Weder Umfeld noch Essen waren wirklich gut.

Satt und zufrieden (ein Eis gabʻs hinterher auch noch – ich fürchte, ich hab im Urlaub ein bisschen zugenommen) fuhren wir wieder zurück und genossen noch einen Wein, bevor wir uns schlafen legten.

Gardasee
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück und einem Blick auf die dichte Wolkendecke beschlossen wir ganz spontan, unseren Urlaub zu beenden. Markus holte noch Geld für die Bezahlung des Campingplatzes und ich begann mit dem Einpacken. Eine besondere Schwierigkeit bot dabei unser Stromkabel. Das war teilweise unter Fahrrädern vergraben und jemand hatte ein Zelt drüber gebaut. Leute gibtʻs. Hatte ich ja auch schon erwähnt.

Dann begann das Abenteuer Zeltabbau. Ich frag mich wirklich, warum es für den Aufbau eines Wurfzelts eine Anleitung gibt aber nicht für den Abbau. Der war nämlich viel schwieriger. Es begann zunächst recht einfach. Alle seitlichen Reißverschlüsse öffnen, Heringe raus, Seile aufwickeln, Seitenteile hochklappen und mit Klettverschlüssen schließen und dann? Großes Fragezeichen. Wir begannen erst mal, die Seiten 8förmig zusammenzulegen. Soweit so gut. Das Ergebnis war kreisförmig und flach, leider ungefähr doppelt so groß wie die Tasche, in die das Zelt wieder hinein gehörte. Also wieder aufgestellt, die inzwischen gelösten Klettverschlüsse wieder geschlossen und noch mal begonnen, dieses mal haben wir es mit Einrollen versucht. Ungefähr die Hälfte des Zeltes wäre in die Tasche reingegangen, aber der Rest war vom Durchmesser her genauso groß wie beim ersten Versuch. Also wieder alles aufgewickelt und von der anderen Seite aus begonnen. Wieder das Zelt irgendwie eingedreht und auf einmal passte es. Großer Jubel. Jetzt keinen Fehler machen und die auf Spannung stehenden Gestelle wieder loslassen. Gurt drum, alles in die Verpackung gequetscht und ins Auto packen. Ins Auto packen? Passt nicht! Unser Auto war zu diesem Zeitpunkt schon bis unters Dach zugepackt. Das Zelt passte nicht mehr rein. Also wieder das Auto umgeräumt, die oben liegende Liege etwas runtergedrückt mit Hilfe der Zeltnachbarn und dann war alles verstaut. Nur wenige Minuten vor 12, bevor wir also einen zusätzlichen Tag hätten zahlen müssen, verließen wir den Campingplatz. Auf dem Weg durch die nun schon vertrauten Tunnel brach dann das Unwetter los. Es ging kaum noch vorwärts. Dicke Hagelkörner und in Sekundenschnelle überflutete Straßen ließen kaum ein Vorankommen. Vor allem deshalb, weil viele Autofahrer einfach in Tunneln stehen blieben. Auf dem gesamten Weg bis zur Autobahn herrschte viel Verkehr, wir standen kilometerlang im Stau. Aber endlich ging es dann doch voran. In Norditalien und Österreich schien dann sogar wieder die Sonne, so dass wir beinahe umgekehrt wären. Pünktlich ab der Grenze zu Deutschland war dann wieder das vertraute Wetter – Regen. Der begleitete uns bis nach Hause, wo wir zunächst nur das nötigste auspackten und unsere Wohnung aufsuchten. Nach diesem langen Tag hatten wir uns dann einen leckeren Whisky (Port Charlotte PC8 aus der Brennerei Bruichladdich) redlich verdient.

Und mit dem Urlaub geht auch dieser Bericht zu Ende, von dem ich hoffe, dass er etwas Freude bereitet und ab und zu ein Lächeln auf das Gesicht des werten Lesers gezaubert hat.

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2 Kommentare

  1. S Arnold 9094

    Kerstin, wie immer hat man bei Deinen Urlaubsberichten das Gefühl, dabei gewesen zu sein 🙂 ganz toll, man kann gar nicht aufhören zu lesen!

    Also bitte, bitte : fahrt noch gaaaaaanz oft in Urlaub, damit ich immer etwas zum nachlesen habe!

    ♥ Liebe Grüße ♥

    senden Dir und Markus

    Stefanie (die Maya), Sebastian und Leo

  2. Jean-Luc WInkler

    Hallo Kerstin 😉
    Tolle Artikel. Ich bin durch Zufall auf deine Seite gestoßen, da ich im Oktober an den Gardasee fahre und gerne Fotografiere. Ich liebe Wasserfälle und habe mich gefragt, wo ich den Wasserfall genau finde, der auf dem Foto gemeinsam mit dem netten Herrn im blauen T-Shirt abgebildet ist!?
    Könntest du mir eine Beschreibung oder Koordinaten oder einen Google-Maps-Link schicken? Das würde mich sehr freuen!
    Am besten an meine e-Mail Adresse:
    [email protected]
    Vielen Dank im Voraus!!!
    Viele Grüße
    Jean-Luc

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