Das Leben ist schön

Schottland 2018 – Am Carn Eige

Wie immer in den letzten Jahren führt uns unser erster Teil des Jahresurlaubs wieder in den Norden. Wir bekommen einfach nicht genug von der rauen Landschaft der schottischen Highlands. Und wie jedes Jahr aufs neue verbringen wir unsere Zeit natürlich bei Mathilda und Andre van Loon bei Drumnadrochit am Loch Ness.

Nachdem wir im letzten Jahr um ein Haar die Fähre nach Newcastle verpasst hatten – eine Vollsperrung bei Oberhausen kostete uns 3 Stunden – war die Anreise dieses Mal entspannter als je zuvor. Mit nur 20 Kilometer Umweg nahmen wir die A61 statt der A3 und kamen 6 Stunden vor Abfahrt in IJmuiden an. Für das Boarding war aber etwas mehr Zeit vorgesehen als üblich – das sind schon die ersten Auswirkungen des Brexit –  so dass wir als erste schon kurz nach halb 3 auf dem Schiff waren. Die See war ruhig, das Abendessen im neu gestalteten Restaurant war auch sehr gut und die Nacht haben wir selig schlummernd verbracht. Nach einem herzhaften Frühstück auf der Fähre konnten wir auch als fast erste wieder vom Schiff runterfahren und fuhren gemütlich die restlichen 450km nach Norden.

In Inverness angekommen besorgten wir uns nicht nur unser erstes Abendessen – wir machten auch gleich einen kleinen Einkaufsbummel im Tiso, einem tollen Outdoor-Geschäft, wo ich neue Schuhe bekam und Markus sich eine neue Jacke kaufte.

Und immer noch war es richtig früh, dass wir bei Andre ankamen. Mathilda war noch auf Arbeit, aber mit einer Tasse Tee und kurzweiliger Gesellschaft verbrachten wir den ganzen Abend bei Andre im Wohnzimmer. Hier konnten wir als erstes unsere Geschenke überreichen. Ich hatte für unsere Gasteltern ein Schneidebrett aus 4 verschiedenen Hölzern gebastelt und – damit sie gleich was haben, das sie drauf schneiden können – ein schönes Stück Rinderbrust zu einem Pastrami gepökelt und geräuchert. Als wir später dann auch Mathilda begrüßt hatten und auch mit ihr noch ein paar Worte gewechselt haben, gingen wir auf unser Zimmer, packten aus, aßen noch rasch zu Abend und fielen totmüde ins Bett.

Der gestrige Tag begann mit Sonnenschein pur. Wir hatten uns überlegt, zum Auftakt einen kleinen Walk so um die 10km zu genießen, einfach um zu üben und so langsam wieder ins Wandern reinzukommen. Aber was soll man machen, wenn die Sonne lacht und uns diese Berge so freundlich begegnen?


Einer dieser Schönheiten im Hintergrund ist der Carn Eige, den wir letztes Jahr schon zweimal in Angriff genommen hatten. Beim ersten Mal hat am Berg das Wetter nicht mitgespielt – bei Sturm, Regen, Hagel und Nebel gingen wir keinen Schritt weiter als auf den Mam Sodhail hoch (von dort aus wären es nur noch wenige Kilometer gewesen), beim zweiten Versuch sind wir (auf einem anderen Weg) an einem extrem steilen Stück gescheitert, das ich mir nicht zugetraut hatte. Nun, bei diesen Wetteraussichten konnten wir nicht anders als einen erneuten Aufstieg zu wagen.

Nach einem reichhaltigen Frühstück gings relativ zügig los ins Affric-Tal. Nicht ganz bis zum Affric, denn wir hatten uns eine dritte Route ausgesucht. Das Wetter war bombastisch und – um es vorweg zu nehmen – es blieb auch den ganzen Tag so.


An der Chisholm-Bridge angekommen parkten wir und gingen den gut ausgebauten Weg an. Der ließ sich gut laufen und wir waren frohen Mutes.


Der schön ausgebaute Weg hörte aber leider nach nur knapp 4km auf und ab dort begann unser Kampf. Wir mussten uns den Weg bahnen durch Heidekraut, durch Wiesen, durch Moos, durch Schlamm – und all das war vom Schmelzwasser überschwemmt und wir versanken bei jedem Schritt bis an den Knöchel. Die schlimmsten Stellen – und von denen gab es einige – konnten wir nur springend überqueren, was uns unheimlich Kraft kostete.

Es ging immer an diesem Bächlein entlang zwischen den Bergen hindurch. Im Hintergrund warteten die schneebedeckten Berge, auf diese Höhen wollten wir gelangen.


Da der Weg wirklich kräftezehrend war, machten wir häufig kleine Pausen. Ab und zu war wie auf diesem Bild zu sehen, ein kleiner Abschnitt dabei, der gut gehbar war, aber diese waren wirklich Ausnahmen.


Trotz aller Schwierigkeiten kamen wir den Bergen aber immer näher. In der Bergkette auf dem zweiten Bild ist einer davon der Mam Sodhail, den wir letztes Jahr bestiegen hatten. Den Carn Eige konnten wir aber noch nicht ausmachen, da er sich immer hinter anderen Bergen versteckt hielt.


An einer der vielen Pausen aßen wir ein paar Mitbringsel. Ich hatte uns diverse Sorten Power-Bällchen aus Nüssen, Datteln, Feigen und diversen Samen selbst hergestellt und mitgebracht. Diese kleinen Energiepakete versorgten uns mit den benötigten Nährstoffen.


Der Blick zurück zeigte uns, wie viel wir schon geschafft hatten. Wir hatten noch nicht viel an Höhe gewonnen, aber schon einige Kilometer an Strecke zurückgelegt.


Das sah man auch beim Blick nach vorn, denn die hohen Berge kamen immer näher. Und so langsam aber sicher wurde der Weg auch deutlich steiler. Das Flüsschen, an dem wir entlang gingen, floß hier über flache Steinplatten relativ steil bergab.


Nach dem steilen Stück über die Wiese kamen wir dann auch an das erste Schneefeld.


Diese versuchten wir aber immer so gut es ging zu umgehen. Kurze Zeit später kam ein weiterer Anstieg, der in Serpentinen bergan ging. Der enge Pfad war aus Steinen, aber das Schmelzwasser bahnte sich dort auch seinen Weg, so dass wir teilweise neben dem Pfad gehen mussten, um nicht durchs Wasser waten zu müssen. Zwischendrin warfen wir auch immer mal wieder einen Blick zurück.


Nach den Serpentinen hatten wir auch wieder deutlich an Höhe gewonnen, was man beim Blick zurück immer am deutlichsten sieht. Der Blick ins Tal ist berauschend und absolut beeindruckend.

Während ich noch ein paar Bilder machte, lief Markus voran. Der Weg war uns immer noch recht unklar. Wir musterten immer wieder die schneebedeckten Berge und versuchten herauszufinden, wo es langging und vor allem, welcher Gipfel der Carn Eige war. Dafür nutzten wir die App Peakfinder, aber wir konnten den gewünschten Gipfel nicht entdecken, weil er immer wieder von anderen Bergen verdeckt war. So langsam stellte sich aber heraus, dass wir wohl über den hier drüber mussten. Dabei versperrten uns immer wieder große Schneefelder den Weg, die wir lieber umgingen als drüber zu laufen.

Der schmelzende Schnee hatte an einer Stelle einen richtigen kleinen See gebildet. Kein Wunder, dass weiter unten alles unter Wasser stand.


Und um mal zu veranschaulichen, wie steil es mitunter bergauf geht.


Ich musste kurz auf die Outdoor-Toilette und Markus ging ein paar Schritte vor – als ich ihn einholte begrüßte er mich mit den Worten „Ich gehe keinen Schritt weiter“. Der Grund? Seht selbst. Der Wegweiser auf unserem GPS zeigte genau in diese Richtung.

Da hinauf? Und wo ist der Weg? Über das lose Geröll auf dem schmalen Kamm entlang mit 45° Steigung? Noch mal genauer hinschauen.


Keine Chance, dort einen Weg auszumachen. Ich prüfte noch mal genau unsere Optionen, denn ich wollte wirklich nicht schon wieder aufgeben. Aber es war tatsächlich aussichtslos, wir hätten hier klettern müssen und das kriegen wir mit unseren begrenzten Möglichkeiten nicht hin.


Ich war wirklich sehr enttäuscht. Wetter passte bis zu diesem Moment immer noch und kräftemäßig hatten wir beide noch Reserven. Und trotzdem ging es an dieser Stelle einfach nicht weiter. Bis zum Schnee hätte ich mich noch getraut und hätte dann sicher doch umkehren müssen. Wir waren knapp 200 Höhenmeter unter dem Ziel und hätten vielleicht noch 3km Strecke machen müssen, das wäre absolut drin gewesen. Die Enttäuschung war wirklich groß. Und immer noch ließ sich kein Blick auf den Carn Eige erhaschen – wir glauben mittlerweile ja, dass der vor uns davon läuft.

Weil wir grad oben waren, gingen wir noch mal ein paar Schritte in die andere Richtung. Hier war es nicht mehr so nass aber der Weg war trotzdem nicht angenehm, weil hier kein ausgetretener Weg war – man musste sich seine Schritte durch viele Steine ebnen. Aber die Aussicht war berauschend. Die schneebedeckten Berge sind einfach wunderschön. Aufgrund des guten Wetters hatten wir auch einen ganz weiten Blick. Angeblich kann man vom Carn Eige aus bis nach Skye schauen.


Aber wir hatten ja auch noch den Rückweg vor uns. Vor dem war mir ein bisschen bange. In den neuen Schuhen hatte ich mir schon zwei Blasen gelaufen, das war so eigentlich nicht geplant. Außerdem waren sie komplett nass – wenn auch nur außen, innen war alles schön warm und trocken. Und wieder ging es kilometerweit durch die nassen Gräser. Aber einmal kurz in den Schnee stellen, bevor wir den Abstieg wagten.


Beim Blick zurück sahen wir noch mal, wo es hätte hinauf gehen sollen. Nachdem wir den schmalen Nicht-Weg gesehen hatten, sieht das jetzt noch viel unheimlicher aus. Wir waren bis an die Stelle gekommen, wo man auf dem Kamm rechts zwei ganz schmale Schneefelder erahnen konnte. Hier kann man schön sehen, wie steil der Weg noch geworden wäre.


Auf de Rückweg schauten wir immer noch mal zurück, hielten aber unsere Entscheidung aufzugeben noch für richtig. Wunderschöne Steine fanden wir auch in den Bergen – so schön, dass Markus sich einen großen weißen in den Rucksack legte und für unseren Garten heruntertrug, fast den ganzen Weg lang.


Auf dem Rückweg machten wir auch noch an einem kleinen Wasserfall halt.


Mehrfach mussten wir wieder kleine Wasserläufe überqueren und immer wieder dieser Schlamm, den wir durchqueren und überspringen mussten. Das war auf dem Rückweg noch ermüdender als hin, weil wir schon ziemlich geschafft waren. Ständig glitten wir auf dem Weg bergab aus, mussten ausbalancieren und waren teils bis an die Knie nass und schmutzig.


Am Ende hatten wir 19,4km auf der Uhr, über 800 Höhenmeter aber waren so geschafft, als wären wir 30km gelaufen. Diesen Weg werden wir ganz sicher nicht noch einmal auf uns nehmen.

2 Kommentare

  1. Meli Bendl

    Hui, da hattet ihr Euch ja richtig was vorgenommen! Aber ganz ehrlich, ich wär da freiwillig auch nicht weiter gelaufen! Das ist echt gefährlich!
    Und traumhafte Bilder! 🙂

  2. Anja

    Was für schöne Bilder! Da habt ihr ordentlich was geschafft! Seid nicht zu enttäuscht über das letzte fehlende Stück….Ihr hatte trotzdem einen großartigen, anstrengenden Weg.
    Ich wunder mich ja immer, dass ihr euch da nicht verlauft, mitten in der Wildnis ohne richtige Wege usw. 😉
    Genießt den Urlaub!

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