Das Leben ist schön

Dry-Age im Selbstversuch mit Färsen Ribeye

Sicher weiß jeder, der in der Zubereitung von Fleischspeisen firm ist, dass frisches Rindfleisch zäh und nicht genießbar ist. Erst der Alterungsprozess nach dem Schlachten macht das Fleisch zart und bekömmlich, Rindfleisch sollte mindestens 3 Wochen bei um 0° reifen.

Der klassische Reifeprozess ist das sogenannte Dry-Age, also das trockene Reifen des Fleisches, möglichst am Knochen, im Kühlhaus. In den letzten Jahren hat sich aus Kostengründen vielerorts die Nassreifung im Vakuum durchgesetzt. Dazu wird das Fleisch direkt nach dem Schlachten zerlegt und in Plastik einvakuumiert. In der Tüte sammelt sich die Flüssigkeit, die aus dem Fleisch austritt.

Angeblich soll die Trockenreifung bessere Ergebnisse zu Tage bringen, aber den Vergleich konnten wir bisher nicht ziehen, da wir kein Fleisch Dry-Aged zu kaufen bekamen. Für den Hausgebrauch wurden aber von einer amerikanischen Firma nun Membranbeutel entwickelt, in denen eine hygienische Trockenreifung gewährt sein soll. Diese Beutel, die jetzt auch in Deutschland bei der Firma 55 Grad erhältlich sind, haben wir uns gekauft und den Versuch gestartet.

Anfang Dezember kauften wir im Selgros ein relativ frisches Stück Rib-Eye von der deutschen Färse, schön marmoriert und somit ideal für Steaks und wollten dieses in den gekauften Beutel einschweißen.

Der Vakuumiervorgang gestaltete sich allerdings mehr als schwierig, Markus und ich waren nur am Fluchen über die pro Stück ca. 5 Euro teuren Beutel. Erst konnten wir in den Beuteln kein Vakuum erzeugen, dann klappte es mit dem Vakuum, aber der Schweißvorgang funktionierte nicht, so dass zwei Beutel am Ende im Müll gelandet sind. Letztendlich haben wir uns mit Kabelbindern behelfen müssen, haben die Luft mit dem Vakuumierer ausgesaugt und die Tüte dann mit Kabelbindern verschlossen. So ein richtiges Vakuum konnten wir damit nicht erreichen, aber wir hofften, dass es reichte.

Das Fleischstück haben wir dann auf ein Gitter in den Kühlschrank gelegt (Luft sollte von allen Seiten an das Fleisch gelangen), es so weit nach hinten wie möglich geschoben, die Temperatur im Kühlschrank auf 3° reduziert und haben das Fleisch dann für 3 Wochen nahezu vergessen.

Heute hatten wir Lust auf Steak und haben uns dem guten Stück gewidmet. In den letzten Wochen ist es immer härter und dunkler geworden.

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Das Entpacken war nicht ganz einfach, weil die Folie am Fleisch festhing, aber dann haben wir es doch geschafft. Dunkelrot, an einigen Stellen fast schwarz, lag das Stück vor uns.

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Die trockenen und harten Randstücke mussten leider entfernt werden (bei uns wird allerdings ungern etwas weggeworfen und so hab ich die Randstücke erst mal eingefroren und werde sie in der nächsten Demi Glace verarbeiten). Dann hat Markus zwei Stücke für das Abendessen abgeschnitten.

Der Geruchstest fiel positiv aus. Das Fleisch riecht nur ganz leicht nussig, etwas süßlich. Es fühlt sich sehr trocken an und gibt auf Druck nur leicht nach.

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Die Steaks sehen toll aus. Wunderbar marmoriert. Leider sagt das noch nicht so viel aus. Wir hatten schon zweimal ähnlich ansehnliche Stücke von der deutschen Färse, die am Ende nur bedingt als Steaks getaugt haben. Durch mangelnde Reife waren sie zäh und geschmacklich fade, das letzte Stück Roastbeef ist dann zu Hamburgern verarbeitet worden.

Zubereitet habe ich die Steaks wie immer, wenn sie nicht gerade gegrillt werden. 1,5 Minuten von jeder Seite in der heißen Eisenpfanne auf höchster Stufe.

DryAge

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Danach wurde das dickere Steak mit einem Fleischthermometer bestückt, um die Kerntemperatur während des Nachgarvorgangs im Ofen zu überwachen. Im Ofen habe ich 80° eingestellt und die Steaks bis zu einer Kerntemperatur von 53° garen lassen.

Den ersten Unterschied zu vakuumgereiftem Fleisch sah ich sofort beim Nachgaren im Ofen. Während der ungefähr 20 Minuten ist nur ein einziger Tropfen vom Fleisch auf dem unten liegenden Blech gelandet. Ich glaube, das wird gut.

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Nun, es wurde gut. Hervorragend, um genau zu sein.

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Der Anschnitt ist wieder perfekt. Durch das langsame Nachgaren im Ofen bei gleichförmiger, niedriger Temperatur wird die Farbe im Inneren absolut gleichmäßig. Man sieht sehr schön die Fettmarmorierung.

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Ich hatte zwar Soße bereitgestellt, aber das Steak haben wir wegen des tollen Geschmacks wieder einmal pur gegessen, nur mit Fleur de Sel und frischgemahlenem Pfeffer gewürzt.

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Beim Anschnitt sieht man, dass kein Tropfen Fleischsaft austritt. Genau so muss das sein. Die Säfte haben sich optimal im Fleisch verteilt. Auch nachdem das Steak zur Hälfte aufgegessen war, immer noch kein Tropfen Saft auf dem Teller.

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Das Fleisch hatte einen wunderbaren, satten Geschmack und war absolut zart im Biss. So kannte ich das bisher nur vom US Beef (das nach unserem Geschmack noch ein bisschen besser ist). Es war absolut kein Vergleich zu unseren vorherigen Erfahrungen mit der deutschen Färse, es war um Längen besser.

Wenn die schwierige Verarbeitung dieser Beutel nicht wäre sondern alles gut funktionieren würde, könnte ich das Verfahren vorbehaltlos empfehlen. Da wir noch einen Beutel übrig haben und uns in kurzer Zeit einen besseren Vakuumierer zulegen wollen, geben wir den Beuteln noch einen Versuch. Das Ergebnis, wenn das Einschweißen dann endlich funktioniert, spricht auf jeden Fall für sich.

2 Kommentare

  1. Anonymous

    Hallo,

    wir haben einen guten Vakuumierer aber das mit den Reifebeiteln ist ein Sche…… Schlecht zum Schweißen und auch zum vakuumieren. Man schafft das schon …aber eben nicht reproduzierbar. Und man braucht gute Nerven…..
    Also das Ergebnis war gut, aber das Verfahren dahin ist stressig. Also wir bestellen keine Beutel mehr

  2. Michael Jahn

    An dem Ergebnis hat sich leider bis heute nichts geändert, inzwischen sind mir die 4…5 EUR pro Beutel einfach zu hoch,

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